Ein Schluck aus der falschen Flasche kann ein Kinderleben von einer Sekunde auf die andere gefährden. In Kambodscha gibts Laugen- und Putzmittel auf den Märkten meist in Flaschen ohne gesicherte Verschlüsse oder in Pulverform zu kaufen. Letztere werden daheim vor Gebrauch mit Wasser angerührt– ja, und dann? Meistens landen die Reste in einer Getränkeflasche, die nicht mehr gebraucht wird.
Rund 40 Kinder sind 2022 mit einer verätzten Speiseröhre in die Kantha Bopha-Spitäler eingeliefert worden. «Das ist eine Verletzung, die wir in Europa zum Glück nur noch selten sehen», sagt Prof. Dr. med. Christian Braegger vom Universitäts-Kinderspital Zürich. Aufklärungsarbeit und den Kindersicherungen in Flaschendeckeln von gefährlichen Gütern sei Dank.
Christian Braegger reist seit 2007 regelmässig nach Kambodscha, um sein Wissen und seine Erfahrung rund um das Fachgebiet Gastroenterologie (Magen- und Darmkrankheiten inklusive Endoskopien/Spiegelungen) weiterzugeben. Ausgemusterte Geräte des Kinderspitals Zürich hat er damals nach Siem Reap gebracht und die ersten beiden Ärzte darauf ausgebildet. «Im ganzen Land gab es keine Möglichkeit, bei Kindern Magen- oder Darmspiegelungen durchzuführen.»
Scharfe Laugen verätzen die Speiseröhre der Kinder und führen zu starken Entzündungen, die beim Ausheilen Narben bilden. Dadurch zieht sich die Speiseröhre zusammen, der Durchlass wird enger. «Manchmal können sich die Kinder nur noch flüssig ernähren», erklärt Christian Braegger. Um die Vernarbung zu sprengen und Verengung zu beheben, führen die Ärzte über den Mund verschiedene Instrumente in die Speiseröhre ein, unter anderem eine Art Ballon, der aufgepumpt werden kann.
Es gibt aber auch Fälle, in denen die Kinder erst Wochen oder Monate nach dem Unfall ins Spital gebracht werden. Wenn die Speiseröhre fast nichts mehr durchlässt, kommt eine andere Methode zur Anwendung: Ein Elektrokauter (ein elektrisch erhitzter Draht) soll dann helfen, die Narben aufzuschneiden. «Auch hier ist es nicht nötig, den Brustkorb zu eröffnen – wir können, minimal-invasiv, durch den Mund arbeiten», sagt Christian Braegger.
Der Schweizer Kinderarzt ist mit den Teams in Siem Reap und Phnom Penh in ständigem Austausch, erhält Berichte und diskutiert mit ihnen spezielle und schwierige Fälle. Nebst dem Behandeln verätzter Speiseröhren untersuchen und behandeln sie auch Kinder, die mit blutigem Erbrechen oder blutigem Durchfall ins Spital gebracht werden. Die Spezialisten können Polypen entfernen, Krampfadern in der Speiseröhre abbinden und veröden oder auch Zugänge für eine künstliche Ernährung anlegen. «Das sind wirklich sehr begabte, einheimische Ärzte vor Ort», betont Christian Braegger. 2022 haben sie über 530 Kinder endoskopisch untersucht und behandelt, Tendenz steigend.
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